Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Schon lange auch ein Thema in der Kunst.
Interessant finde ich die Frage:
Welche Rolle können Kunst und Kultur spielen, um die Industriegesellschaft umzubauen – und ökologischer, gerechter, zukunftsfähiger zu gestalten?*
Nachdem ich viele Jahre als Textildesignerin für internationale Mode- & Textilfirmen in London und als Dozentin in Berlin tätig war, wollte ich mich von einem Arbeitsumfeld trennen, das oft für unfaire Arbeitsbedingungen, Klimaschädlichkeit und massive Umweltverschmutzung verantwortlich ist. Ich gab meinen Job 2010 als Dekanin und Dozentin für Modedesign auf, um nach persönlichen Alternativen zu suchen, begann mit alternativen und künstlerischen Projekten. Schnell wurde mir klar, dass im internationalen Kunstbetrieb ähnliche Zustände herrschen, Nachhaltigkeit wird oft zugunsten anderer fragwürdiger Kriterien (künstlerische Freiheit? Qualität?) ignoriert.
Schon 2010 lautete mein persönliches Manifesto:
"Erhaltung ( im Sinne von Bewahrung, Schutz) , Regeneration, Recycling von Rohstoffen... eine bewußte Einschränkung mit Fokus auf wesentliche Aspekte wie Erfahrung, natürliches Wachstum und Nachhaltigkeit sind Motivation für meine Entwürfe. Ich verarbeite Stoffreste und recycelte Materialien, antike Fundstücke und natürliche Materialien... in liebevoller Handarbeit entstehen Unikate und kleine Serien."
2023 verstehe ich unter nachhaltigem Arbeiten in der Kunst auch einen bewußteren Umgang mit meinen persönlichen Ressourcen.
Ich stelle mir heute die Fragen, wie ich mit Kunstwerken nachhaltigere Wechselbeziehungen von Lebewesen und ihrer Umwelt, sprich - Ökologie vermitteln kann? Kann man Prinzipien des Permakultur Designs auch auf künstlerische Prozesse anwenden? Kunst ist immer ein Spiegel der gesellschaftlichen Zustände, in der sie entsteht, oder sollte Kunst doch unabhängig davon sein?
Ein ganzheitlicher Blick auf unseren Umgang mit natürlichen Ressourcen birgt auch die Chance, sich mit der Natur intensiver zu beschäftigen, und sich als Teil von ihr zu betrachten und zu empfinden.
Adrienne Goehler, freie Autorin und Kuratorin hat schon in einem Interview von 2018 gesagt:
Bereits existierende Werke zu nehmen, ist auch eine Haltung gegen die Schnelllebigkeit der Kunst. Wir haben einfach falsche Fördersysteme. Es muss immer ganz neu sein, darf noch nie da gewesen sein, muss innovativ, multikulturell alles sein, statt dass sich Arbeiten in anderen Kontexten weiterentwickeln können.* *Quelle
Anfang dieses Jahres habe ich textile Arbeiten aus meinem Archiv (2000-2017) weiterentwickelt. Daraus sind neuen Collagen entstanden, unter dem Titel Floatsam & Jetsam ( dt.: Strandgut und Treibgut)
Strandgut und Treibgut kann wiederverwendet und re-cycled werden... es sind Objekte oder Naturalien, die beabsichtigt oder unbeabsichtigt zurückgelassen wurden, und sich nun wieder einfinden.
Manchmal sind es Dinge oder Erfahrungen, die, einst über Bord geworfen, nun von neuer Bedeutung sein können.
Wenn wir ohne Urteil wertschätzen, was hinter und vor uns liegt, im Hier und Jetzt leben, statt ständig nach neuen Dingen und Erfahrungen zu gieren (fomo), finden wir oft unerwartete Schätze... Naturschätze als auch Kunstschätze, die wir sinnlicher und bewußter erleben können.
Paul Klee sagte: "Kunst bildet nicht das Sichtbare ab. Kunst macht sichtbar."
Kunst kann ein ganzheitliches Bewusstsein sichtbar machen, auf vielfältige intuitive Art fördern und multiplizieren.
Hajo Banzhaf schreibt über: "...das Diaphane, das Durchschauende des neuen Bewusstseins... Es erkennt direkt das Wesentliche und lässt sich auch nicht von den geschicktesten Mogelpackungen ablenken oder beeindrucken. Deshalb kann es ein großer Segen für die Menschheit und für unseren geschundenen Planeten werden." Zitat aus: Hajo Banzhaf: Zwischen Himmel und Erde. S.97

Es sind noch keine Einträge vorhanden.